27/07/2021

10 Fragen mit… Conny Frischauf

Mit unserer Interview-Serie »10 Fragen mit…« möchten wir euch eine Reihe von Acts aus dem diesjährigen Programm von Pop-Kultur-Festivals vorstellen, die einen Platz in euren Playlists und Herzen verdient haben. Diesmal gibt die Wiener Künstlerin Conny Frischauf Einblicke in ihre Arbeit, aber auch in ihr Denken über Musik. Auch wenn die Sounds ihres Albums »Die Drift« über klangliche Verweise auf Genres wie Krautrock hinweisen, so ist ihre Arbeit doch vor allem ein offener Prozess. Ein Gespräch über die Gemeinsamkeiten von Wasser und Klang, über Hardware und den Reiz des Unfertigen.

Während der Pandemie war oft von Solidarität die Rede. Aber auch davon, dass gerade Künstler:innen allein gelassen wurden. Wie hast du dieses Spannungsfeld erlebt?
Zu Beginn der Pandemie gab es eine große Ungewissheit, das betraf alle Menschen gleichermaßen und damit auch Künstler:innen. Die zögerliche Reaktion der Politik hat dann Stimmen laut werden lassen, die eine Lösung in dieser außergewöhnlichen Situation forderten. Unter anderem führte dies glücklicherweise zu finanziellen Förderungen, so dass zumindest existentielle Bedrohungen großteils abgewendet werden konnten. Oft wird vergessen, dass viele Künstler:innen auch schon vor der Pandemie in prekären Verhältnissen arbeiteten und dass sich daran, solange wir uns in einem Pool aus Wettbewerb und konstanter Profitmaximierung bewegen, nicht wirklich etwas ändern kann. Die Förderungen sehe ich als ersten Schritt, sich aus dieser Spirale heraus zu bewegen.

Für mich persönlich war diese Zeit des ersten Lockdowns durchaus spannend: Ungewissheit birgt auch das Potential, dass sich Dinge verändern. Wie auch immer sich das dann zeigen mag. Gleichzeitig litten oder leiden viele Menschen unter dieser Situation. Soziale Ungleichheiten haben sich verstärkt – prekäre Verhältnisse wurden noch prekärer. Covid hat die Schwachstellen unserer Gesellschaft sichtbar(er) werden lassen. Diese liegen zwar immer schon offen da, aber die Blickwinkel haben sich verändert. Zwar kann ich nicht einschätzen, wie genau sich diese Blicke verändern oder wohin sie in Zukunft schweifen, aber ich hoffe, wir finden langfristig einen kritischen Umgang mit uns, unserer Umgebung und unserem Handeln.

Glaubst du, dass die Erfahrungen von Lockdowns und Sperrstunden deine künstlerische Praxis verändern werden?
Ich denke, dass das bereits geschieht und diese Dinge auch weiterhin Einfluss haben werden, so wie alle Veränderungen immer Einfluss auf unsere Handlungen haben. Sei es in einer künstlerischen oder alltäglichen Form – für mich geht das nahtlos ineinander über.

Lass uns über Krautrock sprechen. Dein Album ist bei Bureau B erschienen, einem Label, das sich einerseits um Wiederveröffentlichungen kümmert, aber auch um neue Musik, die in Traditionen dieses Genres stehen. Wie kam es zu eurer Zusammenarbeit?
Es ist recht unkompliziert vonstatten gegangen: Bureau B haben mich für einen Compilation-Beitrag angefragt und im Zuge dieser Zusammenarbeit ist auch im Raum gestanden, ein Album zu veröffentlichen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich an »Die Drift« gearbeitet und das hat sich alles ganz gut gefügt.

Bureau B · Conny Frischauf – Die Drift (Preview)

Daniel Jahn von Bureau B wird bei Pop-Kultur eine Diskussion zum Thema »Was ist Krautrock?« moderieren. Der Begriff hat ja verschiedene Dimensionen. Was ist dein Verhältnis zu Krautrock, und verortest du deine Musik überhaupt in dessen Fahrwasser?
Neben historischen, ästhetischen und nationalen Gesichtspunkten darf man die geschlechtsspezifischen nicht vergessen. Krautrock ist ein Genre, in dem sich, aus historischer Perspektive und mit einigen Ausnahmen, hauptsächlich Männer beweg(t)en. Für mich persönlich ist Krautrock eine Genrebezeichnung, die, wie es Kategorien so an sich haben, das Sprechen oder Schreiben über etwas erleichtert. Mit dem Schlagwort »Krautrock«, so finde ich, muss man aber auch gleichzeitig die möglichen Wirkungen betrachten, die damit einhergehen. Nationale Dimensionen eines Genres können, sobald für einen konkreten Zweck instrumentalisiert, auch problematisch werden.

Ich sehe mich nicht unbedingt in einer Tradition eines spezifischen Genres verhaftet. Vielmehr denke ich, geht es um eine Haltung, die sich ganz unterschiedlich zeigen kann. Ich bin daran interessiert, etwas ohne Voraussetzungen oder Vorgaben zu formen. Das Nicht-Können-Müssen-Sollen als Möglichkeit, sozusagen. Aber es gibt bestimmt Elemente in meiner Musik, die Assoziationen mit diversen Genres hervorrufen oder hervorrufen können. Das kommt halt auch immer darauf an, womit man sich selbst schon beschäftigt hat und wie diese Klänge wahrgenommen werden. Für mich selbst ist die Musik einfach das, was passiert, wenn ich die Instrumente oder Klangerzeuger verwende, die ich für mich gefunden habe und benutzen mag. Genres sehe ich als fragmentarischen Verbalisierungsversuch eines im gesamten nicht in Worte zu fassenden Etwas. Klang befindet sich auf einer anderen Ebene als beschreibende Sprache; andere Sinne kommen ins Spiel. Ich bin jedenfalls schon auf die Podiumsdiskussion gespannt.

Was wären andere Strömungen, Positionen, oder vielleicht klangliche Entwicklungen in der Popmusik, die dich interessieren?
Es gibt so viele unterschiedliche Bewegungen, Künstler:innen und Menschen, die mir wichtig sind und die ich für ihre Arbeit schätze und respektiere. Sobald ich mit einer Aufzählung beginnen würde, würde ich auch vieles ausschließen, das mir wichtig war, wichtig ist und noch wichtig werden wird. Meine Arbeit lebt von der Prozesshaftigkeit und von Aufmerksamkeit. Ein Kreislauf, der sich durch das Praktizieren von Akzeptanz, eines Offen-Bleibens und eines kritischen Umgangs mit vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklungen und Bewegungen immer erweitert oder aus sich ausbricht; vielleicht manchmal auch einbricht. Je nachdem. Aber was ist Popmusik? Ich weiß es nie und weiß es doch und mach es auch und mach es nicht.

Ich habe gelesen, dass du beim Produzieren fast nur Hardware benutzt und dabei sogar auf MIDI verzichtest. Steht dahinter eine Idee? Und welche Implikationen hat das für einen Live-Auftritt von dir?
Zur Zeit benutze ich vor allem Hardware und mittlerweile auch ein bisschen MIDI, da es für meine Konzerte notwendig geworden ist. Eine konkrete Idee steht hinter dem Verwenden von Hardware nicht, vielmehr hat sich im Laufe der Zeit herausgestellt, dass dies einfach mein Zugang ist, wenn ich mit Klang arbeite. Ich mag die Haptik und die Klänge, die ganz unerwartet aus diesen Geräten kommen und sich nie zur Gänze steuern lassen. Bei Konzerten habe ich dadurch die Möglichkeit, in einem etwas festgelegteren Rahmen zu improvisieren, was zwar immer wieder eine Herausforderung ist, aber zugleich sehr spannend. Denn ich kann nicht vorhersehen, was als nächstes passiert. »Fehler« oder »Versagen« sind Teil des Ganzen. Beide Begriffe sind negativ konnotiert, bergen aber dennoch unglaubliches Potential. Ich mag das.

Dein aktuelles Album heißt »Die Drift«. Ich habe mich gefragt, ob für dich ein Zusammenhang zwischen der Arbeit mit Synthesizern und Klangsynthese und dem Element Wasser besteht?
Betrachtet man bewegtes Wasser, also Wellen, bemerkt man, dass es niemals eine Welle an sich gibt. Es gibt keine abgeschlossene Form. In der Welle liegt die nächste Welle, und große Wellen bestehen aus kleinen Wellen. Und kleine Wellen bestehen aus noch kleineren Wellen und so weiter. Eine Unendlichkeit an Wellen könnte man sagen. So sehe ich auch Klang: Klang kann niemals ganz fertig sein – er resoniert weiter. Egal ob in Räumen, in Köpfen oder ganz woanders. Es ist etwas sehr Natürliches, dass Dinge niemals »fertig« werden. Aufzeichnungen sind Fragmente einer Zeit, sie sind Teil einer Vergangenheit.

Wie hast du den Hype um modulare Synthesizer in den letzten Jahren erlebt?
Ich habe ein paar Jahre in Wien für ein Geschäft namens Wavemeister gearbeitet, das sich auf elektronisches Audio-Equipment spezialisierte. Und noch ein paar Jahre war ich Angestellte bei Elektroakustik Wagner, einer Werkstatt, in der wir vorwiegend altes elektronisches Studio-Equipment und Instrumente restauriert haben. Da habe ich entsprechende Entwicklungen zwangsläufig mitbekommen. Ich verfolge diese auch jetzt noch, aber mit einer anderen Intention und sehr unregelmäßig.




Deine Musik klingt für mich sehr offen. Das gilt auch für die Lyrics. Die sind an manchen Stellen sehr catchy, haben aber auch etwas Assoziatives. Kannst du beschreiben, wie deine Texte entstehen?
Darauf habe ich keine konkrete Antwort, nur noch mehr Fragen. Ich mag Sprache. Und ich mag Wörter und Buchstaben und Pausen und Space-Tasten. Zusätzlich mag ich sprachliche Verdrehungen und Verwerfungen. Auch der Klang von Wörtern und Nicht-Wörtern und Space-Tasten ist toll. Papier und Stifte sind gute Erfindungen, für die ich dankbar bin. Ich bin auch dankbar für die Stimme und den Körper. Auch gute Erfindungen, wie ich finde. Also vielleicht entstehen meine Texte aus Dankbarkeit für die Erfindung des menschlichen Körpers in dieser Welt und dessen Folge-Erfindungen. Vielleicht. Übrigens hat jemand – vielleicht unabsichtlich – mal irgendwo »Dir Drift« geschrieben. Das klingt als würde man jemanden eine Drift wünschen, was ich einen guten Wunsch finde.

Du arbeitest auch als bildende Künstlerin, und – wenn ich deine Homepage richtig interpretiere – im Bereich des Skulpturalen. Außerdem als DJ. Gibt es Wechselwirkungen zwischen diesen Feldern oder sind das für dich getrennte Dinge?
Ich denke, die Trennung dieser Felder ist meist eine formale Angelegenheit; also sich auf eine Form beziehend. Was diese in meiner Zugangsweise vereint, ist der improvisatorisch–kompositorische Ansatz und der Wunsch, mit und in Räumen zu sein und zu handeln. Das können physische, mentale und unbekannte Räume sein. Für mich persönlich gibt es da keine Trennung. Durch das Ausprobieren von und das Interesse für Materialien jeglicher Form (sichtbar – unsichtbar, hörbar – unhörbar) ergibt sich eine medienspezifische Haptik. Aber unabhängig von Fragen der Form: Ich glaube, alle meine Arbeiten sind sozial in dem Sinne, dass sie auch gern Zeit mit Menschen verbringen.

Conny Frischauf spielt am 28.08 um 17 Uhr in Pavillon. Kaufe deine Karten hier!

10 Fragen mit Conny Frischauf

Mit unserer Interview-Serie »10 Fragen mit…« möchten wir euch eine Reihe von Acts aus dem diesjährigen Programm von Pop-Kultur-Festivals vorstellen, die einen Platz in euren Playlists und Herzen verdient haben. Diesmal gibt die Wiener Künstlerin Conny Frischauf Einblicke in ihre Arbeit, aber auch in ihr Denken über Musik. Auch wenn die Sounds ihres Albums »Die Drift« über klangliche Verweise auf Genres wie Krautrock hinweisen, so ist ihre Arbeit doch vor allem ein offener Prozess. Ein Gespräch über die Gemeinsamkeiten von Wasser und Klang, über Hardware und den Reiz des Unfertigen.

Während der Pandemie war oft von Solidarität die Rede. Aber auch davon, dass gerade Künstler:innen allein gelassen wurden. Wie hast du dieses Spannungsfeld erlebt?
Zu Beginn der Pandemie gab es eine große Ungewissheit, das betraf alle Menschen gleichermaßen und damit auch Künstler:innen. Die zögerliche Reaktion der Politik hat dann Stimmen laut werden lassen, die eine Lösung in dieser außergewöhnlichen Situation forderten. Unter anderem führte dies glücklicherweise zu finanziellen Förderungen, so dass zumindest existentielle Bedrohungen großteils abgewendet werden konnten. Oft wird vergessen, dass viele Künstler:innen auch schon vor der Pandemie in prekären Verhältnissen arbeiteten und dass sich daran, solange wir uns in einem Pool aus Wettbewerb und konstanter Profitmaximierung bewegen, nicht wirklich etwas ändern kann. Die Förderungen sehe ich als ersten Schritt, sich aus dieser Spirale heraus zu bewegen.

Für mich persönlich war diese Zeit des ersten Lockdowns durchaus spannend: Ungewissheit birgt auch das Potential, dass sich Dinge verändern. Wie auch immer sich das dann zeigen mag. Gleichzeitig litten oder leiden viele Menschen unter dieser Situation. Soziale Ungleichheiten haben sich verstärkt – prekäre Verhältnisse wurden noch prekärer. Covid hat die Schwachstellen unserer Gesellschaft sichtbar(er) werden lassen. Diese liegen zwar immer schon offen da, aber die Blickwinkel haben sich verändert. Zwar kann ich nicht einschätzen, wie genau sich diese Blicke verändern oder wohin sie in Zukunft schweifen, aber ich hoffe, wir finden langfristig einen kritischen Umgang mit uns, unserer Umgebung und unserem Handeln.

Glaubst du, dass die Erfahrungen von Lockdowns und Sperrstunden deine künstlerische Praxis verändern werden?
Ich denke, dass das bereits geschieht und diese Dinge auch weiterhin Einfluss haben werden, so wie alle Veränderungen immer Einfluss auf unsere Handlungen haben. Sei es in einer künstlerischen oder alltäglichen Form – für mich geht das nahtlos ineinander über.

Lass uns über Krautrock sprechen. Dein Album ist bei Bureau B erschienen, einem Label, das sich einerseits um Wiederveröffentlichungen kümmert, aber auch um neue Musik, die in Traditionen dieses Genres stehen. Wie kam es zu eurer Zusammenarbeit?
Es ist recht unkompliziert vonstatten gegangen: Bureau B haben mich für einen Compilation-Beitrag angefragt und im Zuge dieser Zusammenarbeit ist auch im Raum gestanden, ein Album zu veröffentlichen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich an »Die Drift« gearbeitet und das hat sich alles ganz gut gefügt.

Daniel Jahn von Bureau B wird bei Pop-Kultur eine Diskussion zum Thema »Was ist Krautrock?« moderieren. Der Begriff hat ja verschiedene Dimensionen. Was ist dein Verhältnis zu Krautrock, und verortest du deine Musik überhaupt in dessen Fahrwasser?
Neben historischen, ästhetischen und nationalen Gesichtspunkten darf man die geschlechtsspezifischen nicht vergessen. Krautrock ist ein Genre, in dem sich, aus historischer Perspektive und mit einigen Ausnahmen, hauptsächlich Männer beweg(t)en. Für mich persönlich ist Krautrock eine Genrebezeichnung, die, wie es Kategorien so an sich haben, das Sprechen oder Schreiben über etwas erleichtert. Mit dem Schlagwort »Krautrock«, so finde ich, muss man aber auch gleichzeitig die möglichen Wirkungen betrachten, die damit einhergehen. Nationale Dimensionen eines Genres können, sobald für einen konkreten Zweck instrumentalisiert, auch problematisch werden.

Ich sehe mich nicht unbedingt in einer Tradition eines spezifischen Genres verhaftet. Vielmehr denke ich, geht es um eine Haltung, die sich ganz unterschiedlich zeigen kann. Ich bin daran interessiert, etwas ohne Voraussetzungen oder Vorgaben zu formen. Das Nicht-Können-Müssen-Sollen als Möglichkeit, sozusagen. Aber es gibt bestimmt Elemente in meiner Musik, die Assoziationen mit diversen Genres hervorrufen oder hervorrufen können. Das kommt halt auch immer darauf an, womit man sich selbst schon beschäftigt hat und wie diese Klänge wahrgenommen werden. Für mich selbst ist die Musik einfach das, was passiert, wenn ich die Instrumente oder Klangerzeuger verwende, die ich für mich gefunden habe und benutzen mag. Genres sehe ich als fragmentarischen Verbalisierungsversuch eines im gesamten nicht in Worte zu fassenden Etwas. Klang befindet sich auf einer anderen Ebene als beschreibende Sprache; andere Sinne kommen ins Spiel. Ich bin jedenfalls schon auf die Podiumsdiskussion gespannt.

Was wären andere Strömungen, Positionen, oder vielleicht klangliche Entwicklungen in der Popmusik, die dich interessieren?
Es gibt so viele unterschiedliche Bewegungen, Künstler:innen und Menschen, die mir wichtig sind und die ich für ihre Arbeit schätze und respektiere. Sobald ich mit einer Aufzählung beginnen würde, würde ich auch vieles ausschließen, das mir wichtig war, wichtig ist und noch wichtig werden wird. Meine Arbeit lebt von der Prozesshaftigkeit und von Aufmerksamkeit. Ein Kreislauf, der sich durch das Praktizieren von Akzeptanz, eines Offen-Bleibens und eines kritischen Umgangs mit vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklungen und Bewegungen immer erweitert oder aus sich ausbricht; vielleicht manchmal auch einbricht. Je nachdem. Aber was ist Popmusik? Ich weiß es nie und weiß es doch und mach es auch und mach es nicht.

Ich habe gelesen, dass du beim Produzieren fast nur Hardware benutzt und dabei sogar auf MIDI verzichtest. Steht dahinter eine Idee? Und welche Implikationen hat das für einen Live-Auftritt von dir?
Zur Zeit benutze ich vor allem Hardware und mittlerweile auch ein bisschen MIDI, da es für meine Konzerte notwendig geworden ist. Eine konkrete Idee steht hinter dem Verwenden von Hardware nicht, vielmehr hat sich im Laufe der Zeit herausgestellt, dass dies einfach mein Zugang ist, wenn ich mit Klang arbeite. Ich mag die Haptik und die Klänge, die ganz unerwartet aus diesen Geräten kommen und sich nie zur Gänze steuern lassen. Bei Konzerten habe ich dadurch die Möglichkeit, in einem etwas festgelegteren Rahmen zu improvisieren, was zwar immer wieder eine Herausforderung ist, aber zugleich sehr spannend. Denn ich kann nicht vorhersehen, was als nächstes passiert. »Fehler« oder »Versagen« sind Teil des Ganzen. Beide Begriffe sind negativ konnotiert, bergen aber dennoch unglaubliches Potential. Ich mag das.

Dein aktuelles Album heißt »Die Drift«. Ich habe mich gefragt, ob für dich ein Zusammenhang zwischen der Arbeit mit Synthesizern und Klangsynthese und dem Element Wasser besteht?
Betrachtet man bewegtes Wasser, also Wellen, bemerkt man, dass es niemals eine Welle an sich gibt. Es gibt keine abgeschlossene Form. In der Welle liegt die nächste Welle, und große Wellen bestehen aus kleinen Wellen. Und kleine Wellen bestehen aus noch kleineren Wellen und so weiter. Eine Unendlichkeit an Wellen könnte man sagen. So sehe ich auch Klang: Klang kann niemals ganz fertig sein – er resoniert weiter. Egal ob in Räumen, in Köpfen oder ganz woanders. Es ist etwas sehr Natürliches, dass Dinge niemals »fertig« werden. Aufzeichnungen sind Fragmente einer Zeit, sie sind Teil einer Vergangenheit.

Wie hast du den Hype um modulare Synthesizer in den letzten Jahren erlebt?
Ich habe ein paar Jahre in Wien für ein Geschäft namens Wavemeister gearbeitet, das sich auf elektronisches Audio-Equipment spezialisierte. Und noch ein paar Jahre war ich Angestellte bei Elektroakustik Wagner, einer Werkstatt, in der wir vorwiegend altes elektronisches Studio-Equipment und Instrumente restauriert haben. Da habe ich entsprechende Entwicklungen zwangsläufig mitbekommen. Ich verfolge diese auch jetzt noch, aber mit einer anderen Intention und sehr unregelmäßig.




Deine Musik klingt für mich sehr offen. Das gilt auch für die Lyrics. Die sind an manchen Stellen sehr catchy, haben aber auch etwas Assoziatives. Kannst du beschreiben, wie deine Texte entstehen?
Darauf habe ich keine konkrete Antwort, nur noch mehr Fragen. Ich mag Sprache. Und ich mag Wörter und Buchstaben und Pausen und Space-Tasten. Zusätzlich mag ich sprachliche Verdrehungen und Verwerfungen. Auch der Klang von Wörtern und Nicht-Wörtern und Space-Tasten ist toll. Papier und Stifte sind gute Erfindungen, für die ich dankbar bin. Ich bin auch dankbar für die Stimme und den Körper. Auch gute Erfindungen, wie ich finde. Also vielleicht entstehen meine Texte aus Dankbarkeit für die Erfindung des menschlichen Körpers in dieser Welt und dessen Folge-Erfindungen. Vielleicht. Übrigens hat jemand – vielleicht unabsichtlich – mal irgendwo »Dir Drift« geschrieben. Das klingt als würde man jemanden eine Drift wünschen, was ich einen guten Wunsch finde.

Du arbeitest auch als bildende Künstlerin, und – wenn ich deine Homepage richtig interpretiere – im Bereich des Skulpturalen. Außerdem als DJ. Gibt es Wechselwirkungen zwischen diesen Feldern oder sind das für dich getrennte Dinge?
Ich denke, die Trennung dieser Felder ist meist eine formale Angelegenheit; also sich auf eine Form beziehend. Was diese in meiner Zugangsweise vereint, ist der improvisatorisch–kompositorische Ansatz und der Wunsch, mit und in Räumen zu sein und zu handeln. Das können physische, mentale und unbekannte Räume sein. Für mich persönlich gibt es da keine Trennung. Durch das Ausprobieren von und das Interesse für Materialien jeglicher Form (sichtbar – unsichtbar, hörbar – unhörbar) ergibt sich eine medienspezifische Haptik. Aber unabhängig von Fragen der Form: Ich glaube, alle meine Arbeiten sind sozial in dem Sinne, dass sie auch gern Zeit mit Menschen verbringen.

Conny Frischauf spielt am 28.08 um 17 Uhr in Pavillon. Kaufe deine Karten hier!